Total Cross Border Communication (TCBC) - Grenzüberschreitende Kommunikation am Beispiel des Dreiländerecks

Die operative internationale Zusammenarbeit zwischen europäischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) ist nicht nur erschwert durch unterschiedliche technische Standards und mangelnde Interoperabilität im BOS-Funk. Auch die Mehrsprachigkeit innerhalb der Europäischen Union stellt eine Herausforderung dar. Das Projekt Total Cross Border Communication (TCBC) – angesiedelt beim Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei in Baden-Württemberg - plant die Entwicklung eines Systems, das sowohl technische als auch Sprachbarrieren überwindet. 

Der Projektname „Total Cross Border Communication“ (TCBC) vereint die Bezeichnung des ITU Standards „Total Conversation“ und den englischen Ausdruck für grenzüberschreitende Kommunikation – „cross-border communication“. Die Idee hinter dem Projekt ist es, auf der Grundlage von zum Teil bereits bestehenden Produkten sowie KI-Modellen eine Plattform zu entwickeln, die die verschiedenen europäischen Funkstandards wie TETRA, TETRAPOL und Breitband (4G/5G New Radio) mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) für Echtzeitübersetzung vereint. Die geplante Plattform soll einerseits die verschiedenen Kommunikationswege bzw. Funkstandards bedarfsgerecht kombinieren und zugleich die hierüber abgewickelte Sprachkommunikation automatisiert übersetzen und adressatengerecht über die jeweils genutzten Kommunikationskanäle wieder ausgeben.

Entwicklung eines Prototyps in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern

Nach einer erfolgreichen Bewerbung um Mittel aus einer Fördermaßnahme der Europäischen Union wurde am 23. November 2023 das sogenannte Grant Agreement (Kennnummer GAP-101127654) final unterzeichnet. Das Projekt wird nun anteilig zu 50 % vom Land Baden-Württemberg und zu 50 % von der Europäischen Union finanziert. Auch die BDBOS hat eine Unterstützung des spannenden Projekts bekundet. Darüber hinaus wurden Kontakte mit verschiedenen Hochschulen und Forschungsinstituten hinsichtlich einer möglichen Beratung und Zusammenarbeit im Rahmen dieses Projekts hergestellt.

Ein weiterer Austausch besteht mit der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), einer Behörde für Forschungsprojekte des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten, die für die US-Streitkräfte mit dem Broad Operational Language Translation (BOLT) System bereits eine ähnliche Lösung entwickelt hat. In einem nächsten Schritt soll innerhalb des dreijährigen Projektzeitraums zusammen mit den Projektpartnern und im Rahmen eines Machbarkeitsnachweises (Proof of Concept) ein Prototyp entwickelt werden, der dann im Dreiländereck Deutschland Frankreich-Schweiz zum Einsatz kommt.

Eine souveräne europäische Lösung für grenzüberschreitende Kommunikation

Es gibt vielfältige Beispiele für Einsatzszenarien, in denen eine zuverlässige grenzüberschreitende Kommunikation zwischen internationalen Sicherheitsbehörden unerlässlich ist. Dies betrifft im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz vor allem die Kommunikation im Rahmen der Nacheile (die Befugnis von Polizeibeamten, einen flüchtenden Tatverdächtigen über die Landesgrenzen hinaus zu verfolgen und solange festzuhalten, bis die Polizeibeamten des Empfangsstaates die Festnahme vornehmen können); bei der Durchführung gemischter Streifen und Einsätzen von Polizei oder Zoll im Grenzgebiet; bei Sucheinsätzen nach Vermissten auf dem Bodensee; bei Unterstützungseinsätzen der Feuerwehr im Ausland; bei der Unterbringung von Patienten in im Ausland liegenden Krankenhäusern, wenn nur dort Bettenkapazitäten zur Verfügung stehen.

Ziel ist es, die grenzüberschreitende Kommunikation zwischen europäischen Sicherheitsbehörden durch technische Lösungen signifikant zu verbessern. Dadurch sollen auch in komplexen bzw. dringlichen operativen Einschreite-Szenarien, die ein grenzüberschreitendes Zusammenwirken der Sicherheitsbehörden erfordern, die allgemeine Handlungssicherheit gestärkt und Einsatzmaßnahmen beschleunigt werden.

Ein solches System könnte dann europaweit auch in anderen Grenzregionen eingesetzt werden. Grundsätzlich ist es das Ziel und die Förderbedingung des Projekts, eine souveräne europaweite Lösung für Kommunikation über innereuropäische Grenzen hinweg bei der Nutzung verschiedener Kommunikationswege und Funknetze zu entwickeln.

Die Internationale Fernmeldeunion

... (engl. International Telecommunication Union, ITU) mit Sitz in Genf ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die sich weltweit mit technischen Aspekten der Telekommunikation beschäftigt. Sie ist Veranstalterin der Weltfunkkonferenz (engl. World Radiocommunication Conference, WRC), die die Vollzugsordnung für den Funkdienst fortschreibt, sowie der Weltkonferenz für internationale Fernmeldedienste (World Conference on International Telecommunications, WCIT), die die Vollzugsordnung für internationale Fernmeldedienste fortschreibt. Total Conversation ist ein ITU-Standard für gleichzeitige Video-, Sprach- und Textdienste in der Telekommunikation. Die Norm wurde in einer ITU-Empfehlung aus dem Jahr 2000 definiert als ein audiovisueller Gesprächsdienst, der eine Echtzeit-Übertragung von Bewegtbild, Text und Sprache zwischen Nutzern an zwei oder mehr Orten ermöglicht

Bericht
Koordinierende Stelle Digitalfunk Baden-Württemberg

Zurück